Сказка 1002-й ночи - страница 3
Der Schrecken des Kapitäns war groß, aber gewaltiger noch war sein Erstaunen. Und noch größer als sein Schrecken und sein Staunen war seine Ratlosigkeit. War der Zorn des Herrn echt oder gespielt? Stellte ihn der Herr auf die Probe? Wer konnte es wissen? Er hatte niemals in der Nähe des Schahs gelebt, er kannte nicht seine Gewohnheiten. Der und jener hatte dem Kapitän gelegentlich erzählt, daß der Schah manchmal den Erzürnten spielte, um den Grad der Aufrichtigkeit zu erkennen, dessen seine Diener fähig sein konnten. Unglücklicherweise dachte der arme Kapitän gerade jetzt an diesen einen, im allgemeinen durchaus nicht kennzeichnenden Charakterzug des Herrn, und er entschloß sich, aufrichtig zu sein. »Herr«, sagte er, »die Augen Eurer Majestät haben soeben die Wolke dort am Horizont gesehen.« Und er trieb, der unselige Kapitän, seine Kühnheit so weit, daß er sogar den Finger ausstreckte und nach dem Wölkchen wies, das inzwischen eine richtige, schwarzblaue Wolke geworden war, die mit unheimlicher Eile dem Schiffe nähertrieb.
»Kapitän!« donnerte der Schah, »willst du mich lehren, den Himmel anzusehn? Nennst du jenes lichte Nebelchen dort eine Wolke? Spürst du nicht die Strahlen der Sonne?«
In diesem Augenblick aber ereignete sich etwas Unerwartetes. Die Wolke, sie war in einigen Sekunden eine tiefe, regenträchtige, blauschwarze Gewitterwolke geworden, hatte soeben die Sonne erreicht, und sie verfinsterte die Welt.
Der Kapitän streckte beide Arme aus, und über seine zitternden Lippen kam kein Wort mehr. Es sah aus, als wollte er sagen: Herr, zu meinem Bedauern bin ich gezwungen, den Himmel sprechen zu lassen. Er schickt sich eben an, statt meiner Eurer Majestät zu antworten.
Zwar hatte auch der Schah selbstverständlich gesehn, wie sich die Sonne verfinsterte. Noch wußte er nicht genau, ob er sich freuen sollte über die Ehrlichkeit seiner Diener, die ihm in der Tat genauen und wahrheitlichen Bericht über den nahenden Sturm gegeben hatten, oder ob er sich ärgern sollte darüber, daß er seinem eigenen Mißtrauen erlegen war. Er fühlte, daß er in Gefahr war, seine Verwirrung zu verraten. Dies durfte auf keinen Fall geschehen – und deshalb befahl er: »Zeig mir deine Instrumente, Kapitän!«
Während sie das Deck entlanggingen, der Schah voran, der Kapitän hinterdrein, verfinsterte sich der Himmel noch mehr, soweit man sehen konnte, mit Ausnahme eines schmalen, blauen Streifens im Nordosten. Im Westen waren die Wolken ganz böse und violett, im Zenit des Himmels wurden sie etwas milder und heller, im Osten lichteten sie sich zu einer geradezu als gütig zu empfindenden Blässe. Der Kapitän, drei Schritte hinter dem Schah, geriet in eine wahrhaftige, ehrliche Furcht. Diesmal war es nicht wie vorher Angst vor dem Herrscher und vor der eigenen Lüge, sondern Furcht vor Allah, dem Herrn der Welt, und vor dem Sturm, den er so leichtsinnig vorausgesagt hatte. Zum erstenmal hatte der Kapitän die Ehre, den Schah-in-Schah auf seinem Schiff zu beherbergen. Was wußte er von den Gesetzen der Diplomatie, der brave Kapitän? Seit zwanzig Jahren kreuzte er die Meere, immer auf diesem kaiserlichen Dampfer Achmed Akbar. Viele Stürme hatte er erlebt, in seiner Jugend war er noch auf Segelschiffen gefahren, und auf Segelschiffen hatte er die Seefahrt zuerst kennengelernt. Niemals seit seinem Regierungsantritt hatte dieser Schah das Bedürfnis empfunden, ein Meer zu überqueren. Ihn, den armen Kapitän, traf die gefährliche Auszeichnung, den mächtigen Herrn zum erstenmal über Wasser zu führen. »Wir dürfen nicht in der vorgeschriebenen Zeit Europas Küste erreichen«, hatte ihm der Großwesir gesagt. – »Seine Majestät haben einen höchst ungeduldigen Charakter und wollen ihre Wünsche erfüllt haben, kaum sind sie ausgesprochen. Aber es gibt, verstehn Sie, Kapitän, diplomatische Hindernisse. Wir müssen erst die Antwort Seiner Exzellenz unseres Botschafters abwarten. So lange müssen wir trachten, nahe der Küste herumzukreuzen. Wenn es Seiner Majestät einfallen sollte, Sie zu fragen, so sagen Sie, daß Sie Sturm befürchten.«