Эмиль и сыщики - страница 2
„Kannst du mir nicht sagen, wer die guten Anzüge erfunden hat?“
„Nein, tut mir leid1. Aber warum willst du’s wissen?“
„Gib mir die Adresse, und ich erschieße den Kerl.“
„Ach, hast du’s schwer! Andere Kinder sind traurig, weil sie keinen guten Anzug haben. So hat jeder seine Sorgen … Ehe ich’s vergesse: heute abend hängst du den Anzug ordentlich auf. Vorher wird er aber saubergemacht. Vergiss es nicht! Und morgen kannst du schon wieder deinen Pullover anziehen. Sonst noch was? Der Koffer ist gepackt. Die Blumen für die Tante sind in Papier eingewickelt. Das Geld für Großmutter gebe ich dir nachher, und nun wollen wir essen. Kommen Sie, junger Mann!“ Frau Tischbein legte den Arm um seine Schulter und transportierte ihn nach der Küche. Es gab Makkaroni mit Schinken. Emil futterte wie ein Scheunendrescher. Nur manchmal blickte er zur Mutter hinüber.
„Und schreib sofort eine Karte. Ich habe sie dir in den Koffer gelegt, gleich obenauf.“
„Wird gemacht“, sagte Emil.
„Grüß sie alle schön von mir. Und pass gut auf. In Berlin geht es anders zu als bei uns in Neustadt. Und benimm dich anständig.“
„Aber ja“, sagte Emil.
Nach dem Essen gingen beide in die Stube. Die Mutter holte einen Blechkasten aus dem Schrank und zählte Geld. Dann schüttelte sie den Kopf und zählte noch einmal. Dann fragte sie: „Wer war eigentlich gestern nachmittag da, hm?“
„Fräulein Thomas“, sagte er, „und Frau Homburg.“
„Ja. Aber es stimmt noch nicht.“ Sie dachte nach, rechnete und meinte schließlich: „Es fehlen acht Mark.“
„Der Gasmann war heute früh hier.“
„Richtig, nun stimmt es leider.“ Die Mutter holte drei Scheine aus dem Blechkasten. „So, Emil! Hier sind hundertvierzig Mark. Ein Hundertmarkschein und zwei Zwanzigmarkscheine. Hundertzwanzig Mark gibst du der Großmutter und sagst ihr, sie solle nicht böse sein, dass ich voriges Mal nichts geschickt hätte2. Und gib ihr einen Kuss. Verstanden? Die zwanzig Mark, die übrig bleiben, behältst du. Davon kaufst du dir die Fahrkarte, wenn du wieder heimfährst. Das macht ungefähr zehn Mark. Genau weiß ich’s nicht. Und von dem Rest bezahlst du, was du isst und trinkst, wenn ihr ausgeht. Außerdem ist es immer gut, wenn man ein paar Mark in der Tasche hat. Ja. Und hier ist ein Kuvert. Da stecke ich das Geld hinein. Pass mir ja gut auf, dass du es nicht verlierst; wo willst du es hintun?“
Sie legte die drei Scheine in den Briefumschlag und gab ihn Emil.
Der schob ihn in die rechte innere Tasche, tief hinunter und sagte überzeugt: „So, da klettert er nicht heraus.“
„Und erzähle keinem Menschen im Kupee, dass du so viel Geld bei dir hast!“
„Aber Muttchen!“ Dann trug sie den Blechkasten wieder zum Schrank.
Manche von euch werden sicher der Ansicht sein, man brauche sich wegen hundertvierzig Mark wahrhaftig nicht so gründlich zu unterhalten wie Frau Tischbein mit ihrem Jungen. Aber falls ihr es nicht wissen solltet: für sehr viele Menschen sind hundert Mark fast so viel wie eine Million.
Emil hatte keinen Vater mehr. Doch seine Mutter hatte zu tun, frisierte in ihrer Stube, wusch blonde Köpfe und braune Köpfe und arbeitete, damit sie zu essen hatten3 und die Gasrechnung, die Kohlen, die Miete, die Kleidung, die Bücher und das Schulgeld bezahlen konnten. Nur manchmal war sie krank und lag zu Bett. Der Doktor kam und verschrieb Medikamente. Und Emil kochte in der Küche für sie und sich. Und wenn sie schlief, wischte er sogar die Fußböden, damit sie nicht sagen sollte: „Ich muss aufstehen. Die Wohnung verkommt ganz und gar.“
Könnt ihr es begreifen, und werdet ihr nicht lachen, wenn ich euch jetzt erzähle, dass Emil ein Musterknabe war? Seht, er hatte seine Mutter sehr lieb. Sie arbeitete, rechnete und arbeitete, und da wollte er nicht faul sein.
Emil war ein Musterknabe4, aber keiner von der Sorte, die feig sind und nicht richtig jung. Er war ein Musterknabe, weil er es sein wollte. Er hatte sich dazu entschlossen, und oft fiel es ihm recht schwer.
Wenn er aber zu Ostern nach Hause kam und sagen konnte: „Mutter, ich bin wieder der Beste!“, dann war er sehr zufrieden. Er liebte das Lob, das er in der Schule und überall erhielt, weil es seiner Mutter Freude machte. Er war stolz darauf, dass er ihr ein bisschen zurückzahlen konnte, was sie für ihn, ohne müde zu werden, tat…